Die Hunäus-Bohrung 1858/59
Die Ereignisse rund um die 1858/59 von dem Salineninspektor Hahse aus Sülze beaufsichtigte erste Bohrung an der Wallmann'schen Teerkuhle in Wietze wurden von Heinz K. Blumenberg auf der Grundlage der Originalakten im Jahre 1930 aufgeschrieben:
Auf den Rat von Hunäus und Hahse gab die hannoversche Regierung Anfang 1858 den Auftrag, die erste Wietzer Bohrung zum planmäßigen Aufschluss des Oellagers auf dem Teerkuhlengebiete des Grundbesitzers Wallmann, wahrscheinlich direkt am Rande der produktivsten Grube, niederzubringen. Man schloss mit diesem einen schriftlichen Vertrag ab, wonach er der Regierung das Recht zum Bohren auf seinem Gelände einräumte und sich für dieses 'Entgegenkommen zu verschiedenen unentgeltlichen Materialfuhren, Hilfeleistungen und sonstigen kleinen oneribus' verpflichtete.
Die ersten schriftlichen Unterlagen über die Wietzer Bohrung boginnen mit dem 25. April 1858. Daraus ist aber zu schließen, dass die Arbeiten selbst bereits Anfang April in Angriff genommen worden sind.
Der Bericht das Salineninspektors Hahse vom 25. April 1858 lautet:
'Eurer Excellenz beehre ich mich in Ehrfurcht ganz gehorsamst anzuzeigen, dass gestern Mittag die disponible Röhrentour auf die Tiefe von 45 ½ Füßen in den Teerquellensand des Oekonom Wallmann versenkt worden ist, und die Bohrung wegen des wässerigen Sandgebirges ohne fernere Verröhrung nicht weitergeführt werden kann.'
Aus dem nächstoe Bericht vom 23. Juli 1858 ist ersichtlich, dass das Bohrloch bis 84 Fuß Tiefe verrohrt und darauf noch weitere 9 Fuß vertieft wurde. In 83 Fuß Tiefe erreichte man eine zähe, 6 Fuß mächtige Tonbank.
Am 6. August 1858 gab Prof. Dr. Hunäus über die Fortsetzung der Bohrung folgendes Gutachten ab:
'Da bislang das in dem Flachlande des Königreichs an mehreren Stellen vorkommende Auftreten des Erdöls noch nirgends gründlich erforscht ist, nach meiner Ansicht aber die Ursache desselben nur in älteren tertiären oder vielleicht sogar sekundären Gebirgsbildungen zu finden sein dürfte, so möchte es jedenfalls zur weiteren Aufklärung des rätselhaften Erdölvorkommens in geognostischer Hinsicht vom höchsten Interesse sein, wenn der begonnene Bohrversuch zu Wietze noch weiter fortgesetzt würde, und deshalb schließe ich mich dem Antrage des Salineninspektors Hahse aus voller Überzeugung an.'
Der Befehl zur Fortsetzung der Bohrung ging am 10. August 1858 an den Salineninspektor Hahse. Die nächsten 4 Wochen vergingen zur Anfertigung neuer, genieteter Bohrrohre. Dann bedingte das einsetzende nasse und kalte Wetter die Einstellung der Bohrung bis zum Frühjahr 1859.
Vom 14. bis 17.Februar wurde das Bohrloch mit einigen Schwierigkeiten weiter bis auf Sohle verrohrt und vom 7. bis 13. März bis auf 108 Fuß vertieft. Hahse nahm damals an, dass das Tertiär in der Tiefe von 94 ¾ Fuß erreicht worden wäre. Diese Mutmaßung wurde jedoch sofort von Hunäus als Fehlschluss erkannt und zurückgewiesen.
Die Bohrarbeiten in Wietze nahmen am 14. April 1859 ihren Fortgang.
Der Bohrer traf bei 110 Fuß auf einen derartigen Widerstand, dass die Bohrung nicht weitergeführt werden konnte. Gleichzeitig stieg beim Einlassen und Aufholen dos Bohrgestänges etwa 1 Minute lang eine größere Mengs Gas auf (nach Hahses Ansicht wahrscheinlich Kohlenwasserstoffgas), dass die Wasseroberfläche im Bohrloch hoch aufwallte.
Hahses Bericht vom 29. Mai 1859 lautet dahin, dass das Bohrloch bis auf 121 Fuß 10 Zoll vertieft und verrohrt wurde. Dann aber machte ein felsenharter Geschiebeblock die weitere Versenkung der Rohrkolonne unmöglich. Alle Versuche zur Beseitigung, Förderung oder Zertrümmerung dieses Blockes mit Hilfe des Meissels oder Fanglöffels waren ohne Erfolg.
Bis zum 1. Juli blieben auch die weiteren Unternehmungen mit den voerschiedensten Instrumenten und Geräten ohne positives Ergebnis. (...)
Auf die Anfrage des Ministeriums vom 11. Juli, ob die weitere Bearbeitung des Hindernisses ratsam erscheine, äußerte sich Prof. Hunäus in seinem Bericht vom 18. Juli dahingehend, dass es im Interesse der Wissenschaft unbedingt wünschenswert sei, die Bohrung fortzusetzen. Er empfahl die Anwendung eines gewichtigen Flachmeissels.
Daraufhin wurden die Räumungsversuche in der Zeit vom 5. bis 18. September nochmals aufgenommen, scheiterten aber durchweg an der Härte des Granitblockes und der Primitivität der Bohrwerkzeuge. Daher gab das Ministerium des Innern am 29. September 1859 den Befehl zur Einstellung der Bohrung.
[zitiert nach: Die ersten deutschen Erdölbohrungen. Historische Untersuchungen von Karl-Heinz Blumenberg, Selbstverlag, Hannover 1930, S. 17-22]